Ich erwachte heute relativ früh (kurz nach sechs Uhr), weil die Sonne wunderbar in mein Zimmer blinzelte. Nach einem Kaffee und kleinem Frühstück machte ich mich auf in das Städtchen (ca. 16’000 Einwohner) und suchte einen Fahrradladen auf. Dort organisierte ich mir einen Karton, um meinen Anhänger verpacken zu können. Damit war ich dann bis Mittag beschäftigt.


Aber eigentlich interessiert dich das ja gar nicht, du willst wissen, wie es weiter geht. Ich bekam einige Reaktionen auf meinen gestrigen Beitrag in Form von Mails, Facebook oder per Whatsapp mit genau dieser Frage. Interessant, wie man die Leute auf die Folter spannen kann!

Damit du verstehst, warum die Lösung so aussieht wie ich sie gleich beschreiben werde, muss ich dir die ganze Geschichte erzählen. Wie ich schon vor meiner Reise befürchtet hatte, machte mir bis jetzt die Einsamkeit und das Alleine sein am Meisten zu schaffen. Ich wollte bis und mit gestern meine Reise 3x abbrechen. Obwohl gestern das Wetter einwandfrei war, der Wind mitspielte und die Strecke so halbwegs passabel war, hatte ich mental zu beissen, auch gestern. Ich wusste gestern schon, dass ich die Strecke von Kenora aus (wo ich jetzt ja bin) nach Osten nicht mit dem Fahrrad fahren werde. Genau aus dem Grund der Einsamkeit. Ich war mir während meiner Fahrradfahrt nach Kenora auch sicher, dass dies meine definitiv letzte Etappe hier in Kanada sein wird und dass ich dann meinen Bettel hinschmeissen würde. Dann ereignete sich ja, wie gestern beschrieben, kurz vor Kenora der zweite Speichenbruch. Das war wie ein weiteres Zeichen und von da an war mir definitiv klar, dass es mit diesem Fahrrad nicht mehr weitergehen wird. Das Risiko für mindestens die kommende Strecke von etwa 1200km bis nach Sault Ste. Marie wäre mir einfach zu gross gewesen.

So war für mich klar, die Reise abzubrechen. ABER: Du kennst ja möglicherweise meine Frau Daniela. Dass sie nicht mit Gold aufzuwiegen ist, war mir schon lange klar und das bewies sie auch gestern wieder. In einem langen Telefongespräch haben wir die verschiedenen Möglichkeiten abgewogen und nach Alternativen gesucht. Wie wird’s noch besser?

Fakt ist, dass seit letzten Herbst in ganz Kanada keine bzw. fast keine Busse mehr fahren. Das hat mir auch mein jetziger Host Joclyn bestätigt. Alternativ hätte ich mit dem Flugzeug von Stadt zu Stadt fliegen können oder eben die Reise abbrechen. Da war aber Daniela entschieden dagegen, denn schliesslich will sie ihre ehepartnerlose Zeit auch noch erleben und geniessen. Auch für sie ist das ja eine Premiere. Ich verstehe das vollkommen!


Ich werde nun morgen Donnerstag mit einem Mietauto wieder zurück nach Winnipeg reisen. Dort bleibe ich wieder ein paar Tage, jedoch in einem anderen Stadtviertel wie vor einer Woche. Während dieser Zeit werde ich mir einen groben Reiseplan für die kommenden 3.5 Monate machen. Unterwegs werde ich mit einem Mietwagen sein. Das ist des Rätsels Lösung!
Wer übrigens genau hingeschaut hat wird bemerkt haben, dass der Titel meiner Homepage nicht mehr gleich lautet….!
Ich kam jetzt übrigens gerade von der Nachtessen-Einladung meines Host zurück. Es wurden Burger serviert. Das heisst, jeder der Gäste brachte etwas mit, die einen Tomaten, andere ein Dessert und ein Dritter zum Beispiel Ketchup – also so wie wir das auch kennen. Jeder nahm aber sein eigenes Getränk mit. Jeder kam also mit einer Büchse Bier. Das wusste ich natürlich nicht! Da ich so oder so nicht ein grosser Biertrinker war und bin, begnügte ich mich mit einem Glas Wasser. Die Diskussionen, welche an so einem Anlass geführt werden, waren ein wenig schwierig für mich zu verfolgen, da ich natürlich viele Wörter nicht auf Anhieb verstand und da die Besucher teilweise sehr schnell sprachen. Meist hatte ich aber begriffen, was der Kern des Gesprächs etwa war. Danke an meine Host Joclyn und Andrew!
Übrigens konnte ich heute das erste Mal in meinem Leben einen freilebenden Kolibri beobachten. Zuerst realisierte ich gar nicht, was das für ein Tier ist und ich dachte an eine grosse Hornisse. Ein wenig grösser sind diese winzigen Vögel mit ihrem langen Schnabel aber schon. Da sie sich sehr schnell bewegen, hatte ich leider keine Chance dieses faszinierende Lebewesen zu fotografieren.
Lieber Urs,
Deine ursprünglichen Pläne sind ins Wanken geraten. Wir hoffen, dass Du nun mit geänderter Route Dein Kanada erforschen kannst und viele Neuigkeiten nach Hause bringst im Herbst. Viel Vergnügen wünschen wir Dir und senden liebe Grüsse aus Rapperswil
Franzisca + Heinz
Hallo Urs. So oder so beneide ich dich doch ein wenig denn du bist genau dort, wo es vermutlich die besten, grössten und schönsten Tiere zu sehen gibt. Ab Kenora starten viele Fly In Camps zum fischen, jagen und das Wild Live beobachten. Rund um den Lake of the Woods ist‘s einfach fantastisch – habe in meinem Leben noch nie so viele Tierarten gesehen wie dort und nirgends besseren Fisch gefangen – sogar Muskys … geniesse die Zeit trotzdem erst recht und by happy everything day long – gut gemacht so oder so. Liebe Grüsse to middle of Canada. Urs & Cecile